Orientierung durch Orthodoxe Dogmatische Erläuterung Liturgische

 

 

Pascha, Fest der Feste

 

Vater Johannes Nothhaas

 

 

 

Die christliche Kunst des Hochmittelalters, stellt den Auferstandenen in dem Augenblick dar, wo er das Grab verlässt. Die Evangelien berichten über dieses Geschehen nichts, sondern nur von den Begegnungen seiner Anhänger mit dem Auferstandenen. Seine Jünger und die Frauen haben seine Auferstehung selber nicht wahrgenommen. Denn dieses Geschehen ist nicht, wie die Wiederbelebung des Lazarus eine Rückkehr in dieses Leben, sondern ein Ereignis, das die Grenzen von Raum und Zeit sprengt, ein eschatologisches Ereignis. Die Fresken und Ikonen aus dem ersten Jahrtausend zeigen eine größere Scheu vor diesem Geschehen, wenn sie nur das malen, was die Evangelien berichten, nämlich die Begegnung der Salben tragenden Frauen mit dem Engel am Grabe. Um die Jahrtausendwende ändert sich in der byzantinischen Kunst die Darstellung des Ostergeschehens. An die Stelle der Mhyrrenträgerinnen am Grabe tritt die Hadesfahrt Jesu Christi. Der Zudringlichkeit der hochmittelalterlichen Darstellung des Moments der Auferstehung, ihrer Fixierung in Raum und Zeit, tritt in der byzantinischen Maltradition die eschatologische Weite dieses Ereignisses gegenüber. Der Sieg über den Tod, über seine Herrschaft über die seit Anfang der Schöpfung verstorbene Menschheit und die bis zum Jüngsten Tag noch in ihn eingehen werden, wird hier manifestiert.

Die Hadesfahrt greift über den Rahmen von Raum und Zeit hinaus und zeigt die Befreiung der Menschheit aus der Gewalt des Hades in den Gestalten von Adam und Eva ab. Der Herrscher der Unterwelt liegt gebunden unter den zerbrochenen Riegeln und Türen seines Reiches, und Christus schreitet triumphierend über ihn hinweg, indem er mit der Rechten Adam und Eva mit der Linken aus ihren Gräbern herausreißt. Wollte jemand dieses Geschehen wegen seiner absoluten Jenseitigkeit mit dem Bilderverbot belegen, würde orthodoxe Theologie wie folgt antworten (analog der Argumentation des Johannes Damascenus im Bilderstreit ): Wenn der Auferstandene der Hand des ungläubigen Thomas die Berührung seines Leibes angeboten hat, dann dürfen unsere Hände auch diesen auf seinem Weg durch den Kosmos malen. Denn: Die Hadesfahrt des Auferstandenen auf der österlichen Festikone entspricht inhaltlich genau den Aussagen im 1. Petrusbrief 3,18-20 und 4,6. Dort heißt es:

„ .. Christus ... ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist. In demselben ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis, die vorzeiten nicht glaubten, da Gott harrte und Geduld hatte zu den Zeiten Noahs „Denn dazu ist auch den Toten das Evangelium verkündigt, auf dass sie gerichtet werden nach dem Menschen im Fleisch, aber im Geist Gott leben."

Hier ist von einem Bereich der Toten die Rede außerhalb von Raum und Zeit. In dieses Totenreich ist Christus siegreich eingedrungen und hat den dort Gefangenen das Evangelium verkündet. Das Festtropar, das in der Osternacht und während der ganzen österlichen Festzeit in jedem Gottesdienst, sei es Liturgie, sei es Stundengebet oder häusliche Andacht immer wieder gesungen wird, besingt diesen Sieg mit den Worten:

„Christos ist erstanden von den Toten / und hat den Tod durch den Tod zertreten / und denen in den Gräbern / das Leben in Gnaden geschenkt".

Aus der Osterbotschaft von der Auferstehung Jesu Christi ergibt sich dann die Frage: Wie erlöst uns die Auferstehung Christi vom Tod? Der orthodoxe Theologe Wladimir Lossky sieht es kritisch, wenn die Erlösung der Menschheit aus dem Tod als das Begleichen einer Schuld aufgefasst wird (W. Lossky, Die mystische Theologie der morgenländischen Kirche, S 192). Es besteht die Gefahr, das „seit ewigen Zeiten in Gott verborgene Mysterium" durch bloß menschliche und daher un­zulängliche Begriffe zu ersetzen."

Auch Gregor von Nazianz fragt, warum „das kostbare Blut Gottes" vergossen wurde: „ ...warum wurde es vergossen und wem wurde es dargebracht? Wir waren unter die Herr­schaft Satans, verkauft an die Sünde ... Wenn der Preis unsres Loskaufs jenem gezahlt würde, der uns in seiner Gewalt hält, dann frage ich mich: Wem und wofür wurde ein solcher Preis gezahlt? Wie unwürdig wäre es, wenn er dem Satan angeboten worden wäre. Dann er hielte ja der Räuber das Lösegeld und zwar nicht nur von Gott, sondern er erhielte Gott selbst. Er würde für seine Schandtat einen so übermäßig hohen Preis fordern, dass es gerechter wäre, uns zu begnadigen. ... Und warum sollte auch das Blut des einzigen Sohnes dem Vater wohlgefällig sein, der doch Isaak nicht als Opfer Abrahams an­nehmen wollte, sondern das Menschenopfer durch einen Widder ersetzen ließ. Ist es nicht klar, dass der Vater das Opfer nicht des­wegen annahm, weil Er es forderte oder weil Er dessen bedurfte, sondern aus, Ökonomie'? Der Mensch sollte durch die Menschheit Gottes geheiligt werden: Gott selbst sollte uns befreien, indem Er den Tyrannen durch seine eigene Kraft besiegte ..." (ebd. S 193 f.).

Dessen Kraft bestand darin, dass er die gefal­lene Menschheit in seinem Totenreich gefan­gen halten durfte. Als nun der Gottessohn in Menschengestalt auf Erden erschien, ahnte der Feind Gottes schon die ihm drohende Katastrophe. Er versuchte in einem Akt der Verzweiflung diese abzuwenden, indem er mit dem dreifachen Versucheranschlag den Got­tessohn von seinem Auftrag abspenstig ma­chen wollte (Mt. 4,1-11). Als ihm dies nicht gelang, waren seine Tage schon gezählt. Denn als jener am Kreuz starb, musste er ihn in sein Reich aufnehmen, wie jeden Menschen, der stirbt. Dieser Tote aber trug die göttliche Sprengkraft in das Totenreich, die dessen Gefängnistore aus den Angeln hob. So ist der Tod an seinem eigenen Prinzip des Todes krepiert:

Du gabst für unsern Leib

Deinen Leib dem Tod,

der uns verschlungen hatte,

ohne satt zuwerden.

Durch dich allein wurde er satt;

und er barst.

(Ephrem, der Syrer)

 

   

Artikel erstellt am: 20-6-2009.

Letzte Überarbeitung am: 20-6-2009.

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