Orientierung durch Orthodoxe Dogmatische Erläuterung Liturgische

 

 

Das Mysterium der Taufe

 

Vater Johannes Nothhaas

 

 

Der vorösterliche Bußruf Jesu: „Amin, Amin, wenn jemand nicht von oben geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen." (Joh. 3,3) wandelt sich nach seinen Erscheinungen als der Auferstandene in den Ruf zur Taufe: „Amin, Amin, wenn jemand nicht geboren wird aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen" (Joh 3,5). 

Diese Aussage kann nur auf die Taufe bezogen sein:

1. Wegen der Verbindung von Wasser und Geist mit der Neugeburt des Menschen und,

2. weil sonst die Taufe im Johannesevangelium keine Erwähnung gefunden hätte.

Die doppelte Amin-Formel betont die Unabdingbarkeit der Taufe für das Eingehen in das Reich Gottes. Damit steht ihre Heilsnotwendigkeit fest.

Der Vollzug der Taufe in der frühen Christenheit, wie er in der Orthodoxen Kirche gewahrt ist, lässt das Taufgeschehen deutlich werden. Dreimal wird der Täufling im Wasser untergetaucht, und zwar nach rückwärts ins Wasser sinkend .Diese Handlung ist das Symbol für das Hinsinken des Menschen in den Tod. Dreimal taucht der Täufling aus dem Wasser wieder auf wie einer der sich vom Totenbett erhebt. Dieser Vollzug  bezeichnet den Menschen in der Taufe als einen, der vom Tode aufsteht, als Symbol für seine Neugeburt und Teilhabe an der Auferstehung Jesu Christi. Diese Symbolik will ausdrücken, dass in der Taufe ein Sterben und ein Neugeborenwerden geschehen, und zwar nicht nur zeichenhaft, sondern existentiell.

Im Brief an die Römer beschreibt der Apostel Paulus das Geschehen in der Taufe als ein ,,Begrabenwerden mit Jesus in den Tod" und als einen „Wandel in einem neuen Leben" (Röm 6,4). Der Taufvollzug bildet ab, was in der Taufe geschieht.

Die Taufe ist also ein Sterben, wie die Evangelisten Matthäus (hier in der vorösterlichen Formulierung „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, der ist meiner nicht wert." Mt 10,38) und Markus („Könnt ihr … euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?" Mk 10,38) es ausdrücken.

In der Taufe wird aber auch „ein Wandel im neuen Leben" (Röm 6,4 ) geschenkt: Die Teilhabe an der Kraft der Auferstehung Jesu Christi. Die Grenzen von Raum und Zeit werden gesprengt. Der Tod Jesu Christi am Kreuz und die aus dem Tod reißende Macht seiner österlichen Erscheinungen erfassen den Täufling. Er hat an diesem Geschehen vor fast 2000 Jahren in unfassbarer Weise Anteil. Es ist, als wenn ein unsichtbares Stromnetz den Täufling mit dem Geschehen damals am Kreuz und im Grab verbindet und ihn daran teilnehmen lässt. „So wir aber mit Christus zu gleichem Tode eingepflanzt sind, so werden wir seiner Auferstehung teilhaftig sein." (Röm 6,5). Dieses unfassbare Teilnehmen an dem Geschehen damals, das heute in der Taufe am Täufling wirkt, ist das Charakteristische des Sakraments der Taufe. Dieses nennt die Orthodoxe Kirche wegen seiner Unfassbarkeit Mysterium. Das Wort „Mysterium" kommt aus dem Griechischen und bezeichnet das Verbinden der Augen des Neulings bei seiner Einführung in den Tempel vor die Gottheit. Die Augenbinde soll die Begrenztheit des menschlichen Fassungsvermögens verdeutlichen.

Das Unfassbare geschieht: Der Täufling stirbt mit Christus und überwindet mit Ihm den Tod in der Taufe. Er bekommt durch die Taufe Anteil an Christi Auferstehung, die sich an ihm in der Auferstehung der Toten dereinst vollenden wird.

Der Täufling stirbt also in der Taufe „den großen Tod". Die Taufe reißt ihn aus der Macht des Todes heraus, mit der dieser alle Gestorbenen gefangen hält. 

 

Artkel erstellt am: 20-6-2009.

Letzte Überarbeitung am: 20-6-2009.

ZUM SEITENANFANG