Orientierung durch Orthodoxe Dogmatische Erläuterung

Zeugen Jehovas

Kapitel 32

INHALTSANGABE

Kapitel 34

AUF DER SUCHE

NACH DER WAHRHEIT

 

Ein Buch über die Zeugen Jehovas

von Nickolas Mawromagulos

 

 

 

Kapitel 33

Auf dem Weg zur Wahrheit

GEORGES ERZÄHLUNG

Außerhalb der Organisation konnte ich nun furchtlos nachforschen, was andere Menschen, und besonders diejenigen die die Organisation als „Abtrünnige“ bezeichnete glaubten.

Langsam begann ich, die Irrlehren der Wachturmgesellschaft eine nach der anderen zu entdecken. Als ich all diese großartigen und noch nie dagewesenen Dinge erfuhr, wollte ich sie mit den Menschen in meinem Umfeld teilen. All dies waren noch nie dagewesene Offenbarungen für mich, wehrend ich entdeckte, dass ich die ganze Zeit über an falsche Lehren geglaubt hatte. Aber leider teilten die anderen um mich herum meine Begeisterung meist nicht. Für diejenigen die nie meine Erfahrungen gemacht hatten, waren all diese wunderbaren Darbietungen, bloß etwas einfaches, ohne besondere Bedeutung. Wer Beispielsweise nicht alle seine Hoffnungen auf ein Irdisches Paradies auf der Version der Großen Volksmenge in Offenbarung 7 gestützt hatte, wird nicht besonders fasziniert sein, wenn er eine richtige Analyse dieser Version liest, die beweist, dass die Große Volksmenge eine Himmlische Klasse ist. Für ihn wird es bloß eine weitere Analyse von vielen sein, während die Tatsache, dass die Große Volksmenge eine Himmlische Klasse ist, für ihn etwas Selbstverständliches ist!

So erkannte ich die Tatsache, dass ich, solange ich in der Organisation war nicht nur nicht solche vorschritte machte, wie ich dachte, sondern dass ich mich sogar zurückentwickelte. Vor den „Zeugen“ musste ich nur „aufbauen“. Aber jetzt brauchte ich nicht nur einen Aufbau, sondern auch einen „Abriss“ meiner alten schlechten Glaubenssetze die mir die Wachturmgesellschaft all die Jahre lang in den Kopf „gepflanzt“ hatte. Ich hatte jetzt doppelt so viel Arbeit nötig. Aus diesem Grund sagte Friscula immer: „Die Wachturmgesellschaft zu verlassen ist einfach! Der schwierige Teil ist es, die Wachturmgesellschaft aus deinem Kopf zu bekommen!“ In der Tat hat jeder, der in solchen fundamentalistischen Gruppen gelebt hat, die Erfahrung gemacht, dass wenn man etwas in der Bibel lese, einem die Interpretationen der Organisation in den Sinn kommen, die einen  die wahre Bedeutung nicht erkennen lassen. ICH WAR ES GEWOHNT, DIE VERSE AUF DIESE ART UND WEISE ZU INTAPRETIEREN. Deshalb war ich jedes Mal sehr überrascht und erfreut, wenn ich in Versen die ich tausend Mal gelesen und auswendig gelernt hatte, etwas entdeckte das ich all die Jahre lang nicht bemerkt hatte. „Wo war das alles all die Jahre ohne das ich es bemerkt habe?“ ist die häufigste Frage, die sich Menschen wie ich stellen, wenn sie so etwas entdecken.

Die einzigen, die meine Begeisterung für diese für mich großen Themen teilten, waren andere ehemaligen „Zeugen“, die die gleichen Erfahrungen gemacht hatten wie ich. Das war etwas das uns auch außerhalb der Organisation miteinander verbunden hat, denn der eine konnte den anderen unterstützen. Dies war auch eine Sache, die die Menschen, die in der Wachturmgesellschaft gelebt hatten, dazu brachte einander zu suchen und sich gegenseitig um Hilfe zu bitten, auch wenn es Menschen gab die mehr Erfahrung mit der richtigen Auslegung der Bibel hatten.

Andere Leute sehen die wirklich großen Themen und diese sind es, womit sie sich am meisten beschäftigen. Für Menschen, die aber erst kürzlich die „Zeugen“ verlassen haben, ist dies aber noch zu früh. Sie glauben immer noch, dass sie nicht von anderen, sondern nur von Menschen profitieren können die dieselben Erfahrungen wie sie gemacht haben. Die ehemaligen „Zeugen“ sprachen „unsere Sprache“ und teilten „unsere Interessen“, wir hatten andere Richtungen und Prioritäten bei unseren Forschungen, eschatologische und chronologische Fragen, die normalerweise von geringem Wert sind, waren für uns am wertvollsten da wir unseren (Adventistisch Artigen Glauben) all die Jahre auf diesen Fragen gestützt hatten. Nur mit  solchen Angelegenheiten konnte uns geholfen werden, bevor wir uns den wirklich wichtigen widmen konnten.

Auf diese Art und Weise lernten wir rückwärts und haben erst Teile der Apokalypse und Zeittafeln studiert, und erst nach einer langen Runde kamen wir dann erst bei den großen Themen wie die Erleuchtung und die Offenbarung an, aber selbst dann mussten wir zeitweise wieder zurück um uns verschiedene Themen,  wie die Regel der Bibel, die Traditionen und sogar das Gegenmittel die wir für selbstverständlich hielten erneut zu überprüfen!

Wenn es in unserer Nähe Christen gegeben hätte, die unseren „umgekehrten“ Weg des Studiums gehen könnten, wäre unser Weg vielleicht einfacher gewesen. Solche Willkommensgruppen wären in den Kirchengemeinden eine gute Sache, wenn sie möglichst auch noch aus Menschen bestehen würden, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und so die Neuankömmlinge aus diesen Gruppen methodisch anleiten könnten.

Wir hatten nicht das Vergnügen solche Menschen zu treffen. Überall wo wir hinkamen, sprachen die Leute über das was sie für wichtig hielten, und nicht über das was wir brauchten. Sie informierten uns in der Regel selbst darüber „was die Zeugen glaubten“, und brachten uns so dazu, gegen die üblichen Beleidigungen und Ungenauigkeiten, die wir hörten zu rebellieren. Selbst wenn wir ihnen mitteilten, was dort wirklich vor sich ging, beharrten viele auf dem, was sie sagten.

All das hat uns nicht die „Brüderlichkeit“ spüren lassen, die wir in der Organisation zu spüren gelernt hatten. Hier waren wir alle Fremde unter Fremden. Wir vermissten die ständige Gesellschaft von Menschen die das gleiche Anliegen wie wir selbst hatten und dachten oft ein wenig nostalgisch an die Gemeinschaft der Organisation (aber nicht an ihre Lehren und Methoden). Das Fehlen der strengen Disziplin, die wir aus der Organisation gewohnt waren, hat uns beunruhigt, weil wir nicht den Eindruck hatten, dass „alles nach Plan läuft“. Aber dorthin zurückkehren konnten wir auch nicht mehr, da wir jetzt wussten mit welcher Hinterlist, Grausamkeit und bewussten Lügen sie uns die ganzen Jahre über unterdrückt hat. Ich erinnere mich noch daran, wie ich als ich noch ein „Zeuge“ war, gern neue Ausgaben oder Bücher der Organisation in die Hand nahm und sie buchstäblich aufsaugte, als ob sie tatsächlich „Nahrung von Gott wären“. (Und es waren immer so viele wie es nun mal nötig war, um mich vom Lesen anderer Formulare abzuhalten).  Diese Angewohnheit tauchte oft auch nach meinem Ausschluss auf, wenn ich eine dieser neuen Ausgaben sah. Alle Zeitschriften waren auf dieselbe Art und Weise geschrieben worden. Erst stellten sie Fragen oder haben das Interesse an einem speziellen Thema geweckt, dann zeigten sie es von seiner schlimmsten  Seite und brachten den Leser so in eine „psychische Sackgasse“, und zeigten ihm dann das  Betreten der Organisation als einzige Lösung oder ermutigten den Leser dazu sich an einen „Zeugen“ zu wenden, um bei dem „Allwissenden Retter Gottes“ die Lösung zu finden.

Wenn ich jetzt die ersten Reihen las, erlebte ich jedes Mal aufs Neue den Betrug und die Falschheit der Organisation, und wurde von diesem deprimierenden Gefühl des Ekels der Wachturmgesellschaft gegenüber überflutet. Auch heute noch ist es für mich unmöglich, einen ganzen Artikel aus diesen Zeitschriften zu lesen, ohne dass es mir die Laune verdirbt. Das was mich einst ausfüllte, widert mich heute an.

Die Gefühle, die beim Verlassen der Organisation entstehen, sind so stark, dass viele Menschen nie darüber hinwegkommen, ganz egal wie viele Jahre auch vergehen mögen. Sie haben ein psychisches Trauma in sich, das sie wo immer sie auch hingehen, nicht ertragen können, wenn sie nicht mit anderen über ihre harte Vergangenheit in der Organisation sprechen. Während all den vielen Jahren in der Wachturmgesellschaft hatten sie gelernt, andere dorthin zu rufen, weil sie glaubten dies würde sie vor der Zerstörung durch Armageddon schützen. Jetzt haben sie das Bedürfnis, der Organisation an allem die Schuld zu geben, denn sie wollen ihre Mitmenschen vor Erfahrungen wie der ihren Schützen, sie wollen sie vor der Wachturmgesellschaft an sich bewahren, und sich vielleicht sogar rechen! Selbst Menschen, die sich dem richtigen christlichen Glauben angeschlossen haben, erzählen ihren Mitmenschen meist nicht von der christlichen Hoffnung, sondern von ihren furchtbaren Erfahrungen in der Organisation! Viele von ihnen verwechseln die Organisation mit ihren Opfern, geben den Menschen die Schuld und erfreuen sich an ihrem Leid, aber vergessen dabei, dass sie selbst einmal Opfer derselben Gruppe waren. Diese ständige Beschäftigung mit der Organisation füllt eine Leere in den Opfern die sie verlassen haben. Dies ist die Leere die Endstand, als sie erkannten, dass ihre ganzen Bemühungen und alles, was man ihnen über diese Bemühungen beigebracht hatte, umsonst war. Nun haben sie nichts mehr zu sagen, und das ist eine Lücke, die nicht gefüllt werden kann. Alles was sie zur Hilfe und zum Schutz der anderen sagen können sind ihre eigenen Erfahrungen. Dieses Buch, das sie gerade lesen, ist möglicherweise auch die Frucht dieses Bedürfnisses.

Aber in der Tat habe ich gelernt, dass dies nicht ausreicht. Es gibt so vieles mehr, dass man für die anderen tun kann, als immer nur von seinen eigenen Erfahrungen bei der Wachturmgesellschaft zu berichten.

Als ich am Anfang merkte, dass alles was mich interessierte, für die anderen gleichgültig war, verspürte ich auch diese Leere. Bald sah ich aber auch andere ehemaligen „Zeugen“ deren Ausschluss nicht bedeutete, dass sie ihre Tätigkeit einstellten. Sie studierten die Bibel  entweder allein oder gemeinsam mit anderen weiterhin . Anstatt von der Hoffnung der Wachturmgesellschaft zu sprechen, sprachen sie von der Hoffnung auf die höhere christliche Berufung. Das hat mir Mut gemacht. Ich konnte sehen, wie meine anfänglichen Ängste sich langsam auflösten. Meine Befürchtungen, dass es vielleicht ein Fehler gewesen sein könnte, dass ich meinen Ausschluss von der Organisation zugelassen habe, wurde durch die Gewissheit ersetzt, dass ich das Richtige getan hatte. Und in Wirklichkeit fühlte ich mich jetzt tatsächlich Gott näher, aber natürlich fühlte ich mich noch nicht bereit dazu mit anderen über Gott zu sprechen. Alles was ich tun konnte war, mit „Zeugen“ zu sprechen, damit sie den gleichen bewährten Schritten wie ich folgen konnten, um aus der Organisation auszusteigen.

Einer von ihnen war mein Freund Nico. Wenn ich mit ihm über die Organisation sprach, habe ich ihn nie mit einbezogen, so dass er mir gegenüber keine Abwehrhaltung einnahm. Ich sprach von der Organisation als etwas, das nicht zu ihm gehört, damit er sich nicht mit deren Betrügereien identifizierte.

Es gab Menschen, die anderen finanzielle Hilfe anboten, das war etwas das uns in der Organisation nie beigebracht wurde. Dort wurden einige sogar kritisiert und als „unreif“ bezeichnet, weil sie nicht für die Wachturmgesellschaft predigten. Aber niemand wurde von der Organisation als „unreif“ bezeichnet, weil er sich nicht an Wohltätigkeitsarbeiten beteiligte. Und doch gab es Menschen, die von der Organisation als „Abtrünnige“ bezeichnet wurden, die ihren Mitmenschen auf jede erdenkliche Weise halfen.

Die Organisation aber leistete Hilfe mit dem Geld ihrer Opfer, und zwar nur für Schäden, die ihre Mittglieder erlitten hatten. Wenn anderen geholfen wurde, dann geschah das nur mit den Überbleibseln. Und dann war die Organisation schnell dabei, sich selbst zu loben und mit ihrer angeblich einzigartigen Liebe für die Bedürftigen zu werben.

Die Frage die andere enttäuschte „Zeugen“ stellen und die auch ich selbst mir gestellt habe: „Wenn ich mich außerhalb der Organisation befinde, wohin gehe ich dann“, war nun überwunden worden. Ich wusste inzwischen, dass es ein Leben außerhalb der Organisation gab. Zunächst suchte ich eine Unterstützung, ein Ersatz für die Wachturmgesellschaft, jemanden der mir sagt was ich zu tun und zu denken habe. Ich hatte mich an diese Passivität und diese Verantwortungslosigkeit , mich wie ein Roboter dessen Persönlichkeit abgeflacht ist lenken zu lassen gewöhnt. Eine persönliche Meinung zu haben, wurde in der Organisation nicht geduldet, wir mussten nur die Meinung der Organisation verträten, und uns in eine immer treuere Kopie des idealen (Yuppie) „Zeugen“ wie identische Soldarten verwandeln. All die Jahre über ist mir von der Organisation gesagt worden:„Das Forschen ist unsere Aufgabe, deine Aufgabe ist es nur zu predigen und zu akzeptieren was wir euch sagen“ (glaube einfach, und forsche nicht). Doch jetzt musste ich das Denken neu erlernen. Aber es musste etwas passieren, um mich dazu zu motivieren, dies zu tun. Und genau das ist mir passiert als ich das wahre Gesicht der Organisation gesehen habe. Ebenso ist es für jeden da drin, es muss etwas passieren das ihn aus seinem seligen Schlaf holt, damit er langsam wieder anfängt frei zu denken. Er muss lernen das was er hört zu vergleichen und zu überprüfen.

All die Jahre habe ich gelernt, gelernt, gelernt, gelernt…. Und jetzt würde ich wieder von vorne anfangen müssen? Das war schwer! Viele Menschen fürchten sich genau davor und geben deshalb den Versuch wieder auf. Aber ich habe gelernt, dass nichts umsonst war. Diese Erfahrung so schmerzhaft sie auch gewesen sein mag, war eine nützliche Erfahrung. Ich konnte nun andere die  sich in einer ähnlichen Situation wie ich befanden verstehen und ihnen helfen. Ich konnte die wenigen Dinge, die ichbei den „Zeugen“ gelernt hatte und die dort richtig waren behalten, aber mehr noch, hatte ich jetzt Vergleichsmöglichkeiten. Man hatte mir die Fallen beigebracht und ich hatte meine Lektion gelernt, um von nun an vorsichtiger zu sein. Ich hatte nun eine (wenn auch negative) Grundlage, auf der ich aufbauen konnte. Aber ich war auch allem gegenüber misstrauisch. Ich würde keinem „Gottesboten“ mehr so naiv vertrauen, wie ich es in der Vergangenheit getan hatte. Ich würde meine von Gott gegebene Logik und Freiheit nutzen, damit mir niemand mehr eine Falle stellen konnte. Alle Vereinigungen, an die ich mich anfangs gewandt habe, rochen nach einer Falle.

Aber für manche Leute gibt es auch eine andere Falle. Sie gründen ihre eigene Gruppe, oder sie verfallen in Undogmatismus, beide Situationen sind schlecht. In die erste Falle wäre mein Freund Nickos fast gefallen, als er beinahe so weit war, „Tochtergruppen“ seiner Studiengruppe zu gründen. Und tatsächlich war seine Gruppe anfangs „Konfessionslos“, das heißt sie akzeptierten auch extreme Christliche Gruppen unabhängig von dem was sie glaubten. Glücklicherweise bewahrte ihn der Herr vor beiden Fallen, so wie er ihn vor der Falle des Materialismus bewahrt hatte. Dies ist eine Falle, die den ehemaligen „Zeugen“ droht, wenn sie von dem Zwanghaften Dienst und dem vollen Terminkalender weg kommen , sich in die Arbeit stürzen und dabei Gott vergessen. Natürlich gab es Zeiten, in denen ich auch aufgrund meiner eigenen Arbeit und meiner finanziellen Bedürfnisse in endlos vielen Arbeiten vertieft war, dies lehrte mich, dass es nicht richtig war, den anderen die Schuld dafür zu geben, dass sie Gott für die Arbeit vernachlässigen, denn es gibt Zeiten, in denen dies auch notwendig ist. Wichtig ist nur dass es immer den Weg und die Absicht gibt zu unserem christlichen Ziel zurückzukehren.

Meine Frau und ich wollten uns nicht dauerhaft in einer der protestantischen Gruppen engagieren. Wo auch immer wir hingegangen sind, waren wir nur, um Erfahrungen mit anderen Gruppen zu sammeln die so waren wie die die wir verlassen hatten. So haben wir gelernt zu vergleichen und unsere Kriterien für die Erforschung der Wahrheit bereichert. Andere dagegen sind solchen Gruppen beigetreten, um die Wachturmgesellschaft zu ersetzen oder nur um Gesellschaft zu haben, was sie in neue Abenteuer stürzte. Aber wenn es in der Kirche ein „Begrüßungsteam“ gebe, das ihnen dabei hilft, sich reibungslos in die Gesellschaft zu integrieren, dann würden sie finden wonach sie suchen. Sie würden die Wärme der Brüderschaft, einen sicheren Führer und die Antworten, nach denen sie suchten  zusammen mit einer  regelmäßigen Gesellschaft finden. Sie könnten sehen, dass es in der Kirche Menschen mit geistigen Interessen gibt, und könnten dort von Anfang an die richtige Auslegung der Bibel in der Kirche lernen, die das natürliche Umfeld für die Auslegung ist. Und später würden sie lernen auch auf die anderen von Gott inspirierten Schriften der Kirche zu vertrauen. Auf diese Weise wüssten sie, dass es alles gibt, wonach sie fragten, ohne dass sie von einer protestantischen Gruppe zur anderen rennen und sich so immer weiter von Christus entfernen müssen. Sie würden die Grenzen des wahren christlichen Glaubens kennen um sich nicht von den selbsternannten „Propheten“, „Pastoren“ und „Dirigenten“ des Protestantismus täuschen zu lassen.

Das Hauptproblem besteht jedoch darin, dass die Personen, die eine solche Kontaktgruppe ehemaliger Sektenmitglieder bilden würden, über die erforderliche Zeit verfügen müssten. Das bedeutet, dass sie keine Zeitraubenden Arbeiten haben sollten, und vor allem sollten sie nicht von ihren Familien an ihren pastoralen Aktivitäten gehindert werden. Leider ist sowohl das eine als auch das andere schwierig, vor allem das zweite, denn in der Regel kommen Menschen, die aus solchen totalitären Gruppen kommen, meist allein und ohne ihre Familien, und ihre Familien schränken sie entweder aufgrund unterschiedlicher religiöser Prioritäten ein, oder schaffen ihnen sogar mit Absicht verschiedene Pflichten, um ihre Arbeit zu unterbinden.

Eine solche Gruppe muss auch aus Menschen bestehen, die es verstehen, und den anderen zuhören. Sie dürfen nicht dem System der Wachturmgesellschaft folgen: „Entweder du hörst auf mich und wirst vor Armageddon gerettet, oder ich gehe!“ Die andere Person hat auch etwas zu sagen, und ihre Einwände und Vorbehalte sind normal und willkommen. Damals in der Organisation wollten wir, dass die Menschen Stellung beziehen: Entweder sie hörten auf uns und würden gerettet werden, oder sie würden unsere Feinde werden“. Dies nannten wir das „Trennungsprojekt“. Die Organisation wollte, dass es nur zwei Gruppen gibt: Ihre eigenen und die anderen. Schwarz oder weiß. Sie duldeten „das Grau mit allen seinen Schattierungen nicht“, aber in Wirklichkeit sind die Nuancen der einzelnen Persönlichkeiten sehr unterschiedlich. Unterschiede müssen toleriert werden, denn jeder Mensch ist in seiner Besonderheit ein einzigartiges und unwiederholbares Ereignis im Universum.

 Ich hatte die Gelegenheit einen solchen Versuch der Organisation die Persönlichkeit zu verfälschen durch einen Kollegen persönlich mitzuerleben. Dieser Junge hieß Tasos, er war in  der Organisation aufgewachsen und glaubte ebenso an sie, wie wir alle am Anfang. Er arbeitete gemeinsam mit mir in der gleichen Goldschmiedewerkstatt noch bevor ich überhauptausgeschlossen worden war. Mein Arbeitgeber, der die „Zeugen“ zu schätzen wusste, hatte mich sogar darum gebeten, „einen vertrauenswürdigen Zeugen – Jungen wie mich zu finden“. Also stellte ich ihn ihm vor und er stellte ihn ein. Er erwies sich in der Tat als vertrauenswürdig und konsequent in seiner Arbeit (im Gegensatz zu einem anderem „Zeugen“, den meine Mutter irgendwo vorgestellt hatte und der daraufhin mit dem Geld seines Arbeitgebers verschwunden ist).

Mit Taso haben wir viele Jahre lang zusammengearbeitet. Als ich ausgeschlossen wurde, vermied er es, mit mir über religiöse Themen zu sprechen, und sagte mir sogar, dass „die Neugierde auf die Dinge außerhalb der Organisation schlecht ist“. Doch im Laufe der Jahre wurden von der Organisation Versuche gegen ihn unternommen, um ihn nach ihren Vorstellungen zu formen. Er durfte sich mit niemandem treffen der kein „Zeuge“ war, er durfte nicht hingehen, wohin er wollte, er durfte nicht die Musik hören, die ihm gefiel, und vieles mehr. Als er nach den Biblischen Gründen für diese Verbote fragte, hatten sie keine Antwort, und so ignorierte er sie weiterhin. Dies hat zu einer Hetzjagd mit Verleumdungen, Beleidigungen und „Beratungskomitees“ Anmaßungen durch andere „Zeugen“ ständige Kontrolle und Streit mit seiner Familie und vielen andern Schwierigkeiten geführt. All das begann ihn aufzuwecken. Er sah meine Gelassenheit und die Leichtigkeit, mit der ich die Dinge sah, und war überrascht. Tatsächlich war die Organisation für ihn nicht die Ursache seiner Freude, sondern die Ursache seiner Depression.

Bald begann er mir von seinem Leid zu erzählen. Wir diskutierten stundenlang über die Notwendigkeit, den Menschen nicht zu einem Untertanen von Platten und willkürlichen Gesetzen zu machen. Da beschloss er, seine eigene kleine Revolution zu machen und seine Haare in einem für die Gewohnheiten der „Zeugen“ peinlichen Ausmaß langwachsen zu lassen, daraufhin wurde der Druck auf ihn verstärkt. Einige zählten ihn nicht zu ihren „Zeugenglaubensbrüdern“, weshalb er sich fragte, „ob Gott sich eigentlich mit Haaren beschäftigen würde. Ich meine, (sagte er), wenn mein Haar fünf Zentimeter länger ist als das, was andere für tolerierbar halten, wird er mich dann in Armageddon töten? Wenn er so ungerecht ist, dann soll er mich töten“.

Schon bald begannen sie, ihn fälschlicherweise zu beschuldigen und die Pseudoältesten der Organisation riefen ihn wegen verschiedener Themen zu sich. Die Tatsache, dass er nicht den optischen Standards der Organisation entsprach, war ihnen ein Dorn im Auge. Einige „Zeugen“ beschuldigten ihn, ein „Homosexueller“ zu sein, und andere nannten ihn einen Penner. Einige haben ihren Kindern verboten sich mit ihm zu beschäftigen, und jeden Tag bereiteten sie ihm neue Probleme.

Nach diesem unerträglichen Druck begann er sich zu fragen, ob sie Recht hatten und ob er der Irrationale war. Aber so sehr er sich auch bemühte, er konnte keine Gründe finden, um seine Verfolger zu rechtfertigen. Nicht einmal Jesus Christus hatte kürzere Haare als er! Es störte ihn sogar, dass der Herr in den Büchern der Organisation kurzgeschoren dargestellt wurde, als käme er gerade vom Friseur! Er begriff, dass auch dies eine Methode war, um die Standards des Erscheinungsbilds der Organisation zu fördern. Also „stach er ihnen so lange ins Auge“, bis sie ihn akzeptieren würden. Dann würde er sich die Haare schneiden lassen! Aber jedes Mal, wenn er sich die Haare schneiden lassen wollte, kam eine neue Herausforderung so dass er es verschoben hat.

So verging die Zeit, und er hatte die Gelegenheit, über das Thema zu philosophieren und seine Schlüsse sowohl über die Zerstörung der Persönlichkeiten als auch über die grausame und ungerechte Methode der Organisation zu ziehen. Er sah ihr Verhalten im Gegensatz zu dem des guten Vaters aus dem „Gleichnis des verlorenen Sohnes“.

Als die örtlichen „Zeugen“ schließlich gezwungen waren, sein Erscheinungsbild zu akzeptieren, da sie ihm ihre Ansichten nicht aufzwingen konnten, war er nun reif genug, um die Uhrsachen und die pharisäischen Lehren, die zu diesem Verhalten führten, genauer zu untersuchen. Seine Reaktionen auf deren Versuche seine Persönlichkeit zu zerstören, führten ihn dazu seine Fähigkeit zu denken zu endwickeln.

 


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