Orientierung durch Orthodoxe Dogmatische Erläuterung | Liturgische |
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Hochfest der
Verkündigung
Vater Johannes Nothhaas |
„Da aber die Zeit erfüllet war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan", so schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die Galater (Gal 4,5 ). Drei Voraussetzungen sind hier genannt, dass Gott in der Welt sein Heilswerk zum krönenden Abschluss fuhren kann: 1. das Gesetz ist gegeben, 2. der Lauf der Geschichte Israels und in der Welt ist soweit erfüllt, 3. die Frau für Gottes Heilsplan steht bereit.
1. Gott hat dem Volk Israel auf dem Sinai in einer Schrecken erregenden Erscheinung ( 2. Mose 19ff. ) Moses sein Gesetz offenbart, damit es zweierlei erkennen kann: - was der Wille Gottes und was Sünde ist, - dass die Menschheit sich nicht selbst erlösen kann und auf Gottes Erlösung angewiesen ist. Das Gesetz ist angesichts der Katastrophe des Sündenfalles viel zu schwach, um die universale Zerstörung der Gemeinschaft des Menschen mit Gott wieder herstellen zu können. Wenn die Menschen nicht einmal in der Lage waren, in der Fülle des paradiesischen Reichtums, in dem ihnen nichts fehlte, das winzige Gebot Gottes, den Baum der Erkenntnis unberührt zu lassen, zu befolgen, wie soll ihnen, dann das Sinaigesetz mit seinen Hunderten von Geboten die ungestörte Gemeinschaft mit Gott wiederbringen können? Dennoch ist dieses keine sinnlose Überforderung des Menschen. Es soll ihnen ihre Ohnmacht offenbaren, von sich aus den Weg zu Gott zurückgehen zu können. Der Sündenfall, in dem Adam, seiner Verantwortung für Eva nicht nachgekommen ist, hat eine kosmische Dimension. Der ganze Kosmos der lebenden Wesen und der toten Materie ist durch diesen Ungehorsam in die Gottesferne gestürzt. Denn durch die Sünde der Übertretung dieses einen Gebotes Gottes tritt die universale Macht des Todes in die Geschichte der Menschheit. Der innerweltliche Gehorsam der Menschen gegen Gottes Gebot unterstreicht das Bemühen des Einzelnen, sein Leben auf Gott hin auszurichten, ändert aber nichts mehr an der Herrschaft des Todes in dieser Welt und an dem Gefallensein des Kosmos durch Menschenhand. Der Apostel Paulus fasst dieses Drama der Menschheit in den syntaktisch bewusst abgebrochenen Satz zusammen: „Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist, und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrun-gen ..." So wird deutlich, dass das Bemühen der gesamten Menschheit aller Zeiten um den Gehörsam gegen Gottes Gebot wenn dies theoretisch gegen alle geschehene Sünde überhaupt möglich wäre - nicht ausreichte, den paradiesischen Zustand wieder herzustellen. So hat das Gesetz lediglich die Funktion, die Menschen darauf vorzu bereiten, dass nur Gott sie durch eine ganz neue Erlösungstat aus ihrer Gottesferne herausholen kann.
2. Gott hatte sein Heilswerk vorbereitet durch die Erwählung des Abraham, in dem alle Völker der Erde gesegnet sein sollen ( 1. Mos 12,3 ). Aus seinem Samen schafft Er sich sein Volk aus dessen Mitte der Erretter der Menschheit hervorgehen sollte. Gegen seinen Willen gewährt Gott seinem Volk das gewünschte Königtum, das in David zu seiner höchsten Blüte und Entfaltung kommt. Durch den Propheten Nathan wird dem Thron Davids ein ewiger Bestand verheißen. Das Gericht Gottes über Israel bis zu seinem tiefsten Punkt der Abführung in die babylonische Gefangenschaft scheint der Verheißung zu widersprechen. Seltsam ist nur, dass der letzte israelitische König Jehojachin nach seiner Begnadigung aus der Kerkerhaft bis an sein Lebensende sein Gnadenbrot am Tisch des Königs Merodach von Babylon ein nimmt. Dieses sanfte Abtauchen des davidischen Königtums in den Untergrund der Geschichte scheint dort auf einen Neuanbruch irgendwann später zu harren, bis „die Zeit erfüllel" ist. Im der Weltgeschichte außerhalb von Israel bereitet Gott sein Heilswerk für die Völkerwelt vor. Zuerst lässt er im Orient ein Großreich entstehen, das sich bis an die Grenzen des abendländischen Griechenlands, bis an die Küste Kleinasiens, erstreckte. Die Begegnung mit der griechischen Kultur erweckte den Eroberungswillen der Perser. Die Feldzüge der Perser zu Lande und Wasser scheiterten jedoch und wurden für die Griechen unter der Führung Alexanders Gr. zum Anlass nun ihrererseits das Perserreich zu erobern. Alexander schuf innerhalb von wenigen Jahren ein Großreich, das von Makedonien bis zum Ganges, der Grenze zu Indien, reichte. Obwohl das Reich nach seinem Tod schnell zerfiel, war Griechisch zur Handelssprache zwischen Orient und Okzident geworden. Auf dieser sprachlichen Brücke konnte sich die jüdische Diaspora im Mittelmeerraum ausbreiten. - Inzwischen waren die Römer zur Herrschern über die Länder um dieses geworden. Als sie begannen den nordwesteuropäischen Raum zu erobern, war die Zusammenfuhrung von Orient und dem gesamten Okzident unter optimalen Friedensbedingungen vor dem Abschluss. Durch die Infrastruktur des römischen Weltreiches, das perfekte Straßen und Verkehrsnetz und die überall vorhandenen jüdischen Diasporagemeinden war es für die Christen möglich, innerhalb eines Jahrhunderts, sich von Palästina bis nach Spanien, Gallien, Germanien und Britannien auszubreiten. Das Eintreten des Evangeliums in die Weltgeschichte geschah unter den denkbar günstigsten äußeren und inneren Bedingungen zum idealen Zeitpunkt in der Weltgeschichte. - Auch das religiöse Psychogramm der damaligen Zeit war in einem Zustand der Erwartung auf den Friedensbringer für den Erdkreis. Der Götterglaube war zu einem mythologischen Formalismus herabgesunken, und die Zeit war bereit für eine tiefere Sinngebung des Lebens von der Religion her. Der starke Zulauf zu den jüdischen Diasporagemeinden war ein deutliches Symptom.
3. Die dritte Voraussetzung für die Umsetzung von Gottes neuschöpferischen Heilshandelns ist die Jungfrau, die vom Propheten Jesaja angekündigt wurde.„Siehe eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel" (Jes7,14 nach LXX-Übersetzung ). Als diese sich in der Geschichte Gottes mit den Menschen einfindet, sendet Er den Erzengel Gabriel zu ihr mit der Ankündigung dessen, was Er mit ihr vorhat. Es geschieht nichts ohne das Ja-Wort der Jungfrau. Dazu schreibt Johannes Damaszenus, Gott habe die Zustimmung der Jungfrau abgewartet, bevor Er seinen Heilsplan in die Tat umgesetzt habe. - Wie nahe ist uns dieser Gott, der als der Allgewaltige „sich das schwächste Glied der Menschheit zum Partner auserwählt hat: eine halbwüchsige Frau, ein Mädchen, das in der Gesellschaft nichts zu melden hatte, nach dessen Wünschen oder Willen zu fragen, niemand bereit war - außer eben Gott selbst" (Susanne Hausamann, Wege und Irrwege zur kirchl Einheit, 170). Welch hohe Würde kommt in diesem Handeln Gottes der Menschheit zu, dass sie die Jungfrau stellen darf, in der und aus der Gott Menschengestalt annimmt. „Der Mensch ist keine Marionette Gottes, er ist Mitarbeiter und Partner, ohne den die Welt nicht heil werden kann ...ohne dessen Einwilligung gibt es kein Einswerden mit Christus und keine Vergöttlichung " (ebda). Das Mysterium der Menschwerdung würdigt nicht nur beide Geschlechter, in denen der Gottessohn einwohnt, sondern er würdigt auch die Materie der eucharistischen Gaben von Brot und Wein, in denen Er in gleicher Weise gegenwärtig ist, um sich den kommunizierenden Gläubigen mitzuteilen. Es gibt keine schönere und tiefere Ausgestaltung des orthodoxen Kirchenraumes, als die Darstellung der Gottesgebärerin mit dem Christus in der Mandorla in ihr oder auf dem Arm. in der Apsis über dem Altar. Die Menschwerdung des Gottessohnes in ihr ist von keiner anderen Art als seine Einwohnung in den eucharistischen Gaben.
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